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Rechtsexperten des Forschungsverbunds „Forum Privatheit“ sehen Chance für mehr Datenschutz und Rechtssicherheit

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die Möglichkeit, durch die Nutzung von Öffnungsklauseln Versäumnisse und Schwachstellen der EU-Datenschutz-Grundverordnung auszugleichen. Dadurch können sie das Datenschutzniveau sowie die Rechtssicherheit im eigenen Land erhöhen und stärken. Rechtsexperten des Forschungsverbunds „Forum Privatheit“ diskutieren auf der internationalen Datenschutzkonferenz CPDP in Brüssel, wie dies gelingen kann.

Die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (EU-DSGVO), die ab dem 25. Mai 2018 angewendet werden muss, stellt das Datenschutzrecht innerhalb der Europäischen Union auf eine neue Grundlage. Die Reform verfolgte drei große Ziele: eine unionsweite Vereinheitlichung, eine Wettbewerbsangleichung sowie eine Modernisierung des Datenschutzrechts.

„Doch die Datenschutz-Grundverordnung erreicht ihre selbstgesteckten Ziele nicht“, konstatiert der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Sprecher des Forschungsverbunds „Forum Privatheit“. Sie sei „abstrakt und unterkomplex“ ausgefallen, denn sie wolle in nur 51 Artikeln dieselben Probleme lösen, für die in Deutschland bislang tausende bereichsspezifische Vorschriften bestehen. Zurückführen lässt sich dies ist auf den Entstehungsprozess der Verordnung: Die Europäische Kommission wollte mittels Durchführungsakten und delegierter Rechtsakte selbst über die konkretere Ausgestaltung des europäischen Datenschutzes entscheiden. Gegen diese Vorstellung stellten sich das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten. Letztere setzten am Ende durch, dass signifikanter Regelungsspielraum auf nationaler Ebene verbleibt. Etabliert wurde damit eine Ko-Regulierung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten.

Mitgliedstaaten sollten die Risiken moderner Datenverarbeitung konkret regeln

Mit Spannung wird nun erwartet, ob und wie die Mitgliedstaaten die ihnen zur Verfügung stehenden Regelungsspielräume nutzen werden. Deutschland und Österreich haben als erste Staaten bereits Gesetze zur Umsetzung der Verordnung verabschiedet. Die restlichen Mitgliedstaaten müssen bis zum Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung nachziehen. „Wichtig ist dabei, dass die Mitgliedstaaten ihre Spielräume zu einer Erhöhung des Datenschutzniveaus auch nutzen“, empfiehlt der Jurist und „Forum Privatheit“-Mitglied Dr. Christian Geminn. „Hier hat sich Deutschland mit seinem neuen Bundesdatenschutzgesetz nicht gerade vorbildhaft verhalten.“ Zudem sollten Mitgliedstaaten durch klare und konkrete Vorgaben die Rechtssicherheit erhöhen und durch spezifische Regelungen der Abstraktheit der Verordnung entgegenwirken. Diese Regelungen sollten direkt und konkret die Risiken moderner Datenverarbeitung adressieren. „Das ist ganz zentral, um das Datenschutzrecht tatsächlich zukunftsfähig zu machen“, ergänzt Roßnagel. Aber auch die Europäische Kommission solle sich an der Weiterentwicklung des Datenschutzrechts beteiligen, in dem sie bereichs- und technikspezifischen Datenschutz regele, wie etwa in der eCall-Verordnung geschehen und im Entwurf der ePrivacy-Verordnung vorgesehen.

Veranstaltungshinweis: Am Mittwoch, den 24. Januar 2018, 14:15 Uhr, wird die nationale Implementierung der EU-Datenschutz-Grundverordnung Thema eines vom Forschungsverbund „Forum Privatheit“ organisierten Panels im Rahmen der Konferenz Computers, Privacy and Data Protection (CPDP): The Internet of Bodies sein: http://www.cpdpconferences.org

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Ansprechpartner/innen:

Prof. Dr. Alexander Roßnagel
Sprecher „Forum Privatheit“
Universität Kassel
Leiter des Fachgebiets Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Recht der Technik und des Umweltschutzes
Leiter der Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet)
Wissenschaftliches Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG)
E-Mail: a.rossnagel@uni-kassel.de

Dr. Christian L. Geminn, Mag. iur.
Mitglied „Forum Privatheit“
Universität Kassel
Geschäftsführer der Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet)
Wissenschaftliches Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG)
E-Mail: c.geminn@uni-kassel.de

Dr. Michael Friedewald
Projektkoordinator „Forum Privatheit“
Geschäftsfeldleiter Informations- und Kommunikationstechniken am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe
E-Mail: michael.friedewald@isi.fraunhofer.de

Barbara Ferrarese, M.A.
Mitglied „Forum Privatheit“
Presse und Kommunikation „Forum Privatheit“
E-Mail: presse@forum-privatheit.de
Tel. +49 721 6809 – 678
https://www.forum-privatheit.de/forum-privatheit-de/index.php
Twitter: @ForumPrivatheit

 

Im vom BMBF geförderten Forum Privatheit setzen sich Expertinnen und Experten aus sieben wissenschaftlichen Institutionen interdisziplinär mit Fragestellungen zum Schutz der Privatheit auseinander. Das Projekt wird vom Fraunhofer ISI koordiniert. Weitere Partner sind das Fraunhofer SIT, die Universität Duisburg-Essen, das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel, die Eberhard Karls Universität Tübingen, die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein.

 

Forum Privatheit veröffentlicht neues White Paper zur Datenschutz-Folgenabschätzung

Der Forschungsverbund „Forum Privatheit“ hat das White Paper „Datenschutz- Folgenabschätzung – Ein Werkzeug für besseren Datenschutz“ aktualisiert und konkretisiert. Die dritte, überarbeitete Auflage soll Unternehmen, Behörden und sonstigen daten- verarbeitenden Organisationen sowie den Datenschutz-Aufsichtsbehörden Hilfestellung bei der Ausgestaltung und praktischen Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung geben.

Mit Einführung der EU-Datenschutz-Grundverordnung wird die Durchführung einer Folgenabschätzung ab Mai 2018 für Datenverarbeiter verpflichtend. Ziel der Datenschutz- Folgenabschätzung ist es, die durch Datenverarbeitungen entstehenden Risiken für betroffene Personen abzuschätzen und zu minimieren.


Im vom BMBF geförderten Forum Privatheit setzen sich Expertinnen und Experten aus sieben wissenschaftlichen Institutionen interdisziplinär mit Fragestellungen zum Schutz der Privatheit auseinander. Das Projekt wird vom Fraunhofer ISI koordiniert. Weitere Partner sind das Fraunhofer SIT, die Universität Duisburg-Essen, das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel, die Eberhard Karls Universität Tübingen, die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein.

Ansprechpartner/inne/n:

Sprecher „Forum Privatheit“:

Prof. Dr. Alexander Roßnagel
Universität Kassel
Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) Forschungszentrum für interdisziplinäre Technik-Gestaltung (ITeG) Tel: 0561/804-6544 oder 2874
E-Mail: a.rossnagel@uni-kassel.de

Projektkoordination „Forum Privatheit“:

Dr. Michael Friedewald
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI Competence Center Neue Technologien
Tel.: 0721 6809-146
E-Mail: Michael.Friedewald@isi.fraunhofer.de

Presse und Kommunikation „Forum Privatheit“:

Barbara Ferrarese, M.A.
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI Tel.: 0721 6809-678
E-Mail: presse@forum-privatheit.de

Forum „Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der digitalen Welt“
https://www.forum-privatheit.de/forum-privatheit-de/index.php Twitter: @ForumPrivatheit

Real-life Examples of Ethical and Societal Implications of Big Data: New Summary Report by e-SIDES

Beyond research.

Big data technologies are taking the world by storm. In this summary, e-SIDES outlines a number of striking rea-life examples of the main ethical, legal and socio-economic implications of big data technologies, including privacy abuses, lack of transparency, potential discrimination and lack of accountability.

Building on the research presented in the Deliverable D2.2 published in August 2017, we have looked for practical cases of these issues around the world. Here we present some interesting stories about how big data technologies can impact our life and business.

To read the full document: http://e-sides.eu/media/real-life-examples-of-big-data-implications

Innovationsindikator 2017: Deutschland verbessert sich, ist bei der Digitalisierung aber nur Mittelmaß

Der Innovationsindikator 2017, den das Fraunhofer ISI zusammen mit dem ZEW für acatech und den BDI realisiert hat, bescheinigt Deutschland einen vierten Platz in der internationalen Innovationslandschaft. Trotz des guten Abschneidens bleibt der Abstand zur Schweiz, zu Singapur und zu Belgien groß, die das Innovationsranking anführen. Besonders im Digitalisierungsbereich, der im Innovationsindikator 2017 erstmals untersucht wurde, sind deutliche Schwächen auszumachen: Deutschland liegt hier abgeschlagen auf Platz 17 und bleibt weit hinter anderen Industrienationen wie den USA oder Großbritannien zurück.

Deutschland bleibt im internationalen Innovationsvergleich eines der führenden Länder, schafft es jedoch nicht unter die Top drei. Dies ist das Ergebnis des Innovationsindikators 2017, der im Auftrag von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Innovationsstärke von 35 Volkswirtschaften untersucht hat.

“Deutschland bleibt international ein wichtiger und angesehener Innovationsstandort und verbessert sich im Vergleich zum Innovationsindikator 2015 um einen Platz”, so Univ.-Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl, Institutsleiterin des Fraunhofer ISI. “Das gute Ergebnis sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz, Singapur und Belgien weitaus innovationsfähiger sind. Damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt, muss es vor allem bei der Digitalisierung aufholen – gerade in diesem zukunftsträchtigen Bereich stellt der Innovationsindikator Deutschland ein ausgesprochen schlechtes Zeugnis aus.”

Im erstmals erhobenen Digitalisierungs-Indikator landet Deutschland nur auf einem enttäuschenden 17. Platz. Egal ob digitale Wirtschaft (Rang 12), Bildung (Rang 17) oder digitale Forschung/Technologien (Rang 16) – die Ergebnisse fallen in keinem Digitalbereich besonders gut aus. Dies gilt auch für die digitale Infrastruktur, wo Deutschland international nur Rang 19 belegt. Will das Land bei der Digitalisierung aufholen, müssen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stärker einbezogen, die Aus- und Weiterbildung mehr in Richtung Digitalisierung ausgebaut und die IT-Sicherheit gestärkt werden. Positiv fällt aber auf, dass die deutsche Gesellschaft digitale Technologien intensiv nutzt.

Im Unterschied zum Digitalisierungs-Indikator betrachtet der Innovationsindikator die Innovationssysteme der untersuchten Länder in ihrer Gesamtheit. In den hier betrachteten Teilbereichen Wissenschaft (Rang 11), Bildung (Rang 8) oder Gesellschaft (Rang 13) schneidet Deutschland zwar besser ab, jedoch erreicht das Land auch hier international keine Top-Platzierungen. Einzig in den Bereichen Staat (Rang 8) und Wirtschaft (Rang 7) fallen die Ergebnisse besser aus.

“Deutschland muss im Innovationswettbewerb deutlich zulegen”, sagt BDI-Präsident Dieter Kempf. “Die Politik muss Investitionen in Innovationen vorantreiben und zügig die steuerliche Forschungsförderung einführen, die es fast überall in Europa bereits gibt.” Jeder Steuereuro ziehe rund 1,25 Euro private Investitionen nach sich. “Ein Muss für Digitalisierung und Industrie 4.0 ist, den Breitbandausbau voranzutreiben und den digitalen europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen”, fordert Kempf. “Großes Potenzial gibt es in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.”

Gut ausgebildete Fachkräfte, innovative Unternehmen und vergleichsweise viele Patentanmeldungen je Einwohner gehören zu den Stärken Deutschlands. Vorzüge des Bildungssystems sind die gute berufliche Ausbildung und ein hoher Anteil von Akademikern mit Spitzenqualifikationen. Rückläufig sind der Beschäftigtenanteil in wissensintensiven Dienstleistungen und der Anteil von Wagniskapitalinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt.

Neben dem digitalen Binnenmarkt und einem nationalen Kompetenz-Monitoring empfehlen acatech und BDI der Politik, das Innovationsprinzip bei neuen Gesetzen einzuführen. Erforderlich sei zudem eine neue nationale MINT-Strategie (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) mit den Schwerpunkten Qualitätssicherung, Talentförderung und Bildung in der digitalen Transformation.


Weissenberger-Eibl, Marion, Rainer Frietsch, Torben Schubert, Daniel Bachlechner, Bernd Beckert, Michael Friedewald, Christian Lerch, Christian Rammer, Michael Klein und Iris Plöger (2017). Innovationsindikator 2017. Berlin: Acatech, Bundesverband der Deutschen Industrie. http://www.innovationsindikator.de

White Paper “Datenschutz-Folgenabschätzung”

Folgenabschätzungen als „Frühwarnsysteme“ für einen verbesserten Datenschutz

Ein neues White Paper des Forum Privatheit, das vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI koordiniert wird, befasst sich mit der möglichen Ausgestaltung künftiger Datenschutz-Folgenabschätzungen (DSFA) und gibt Hilfestellungen zu deren praktischer Durchführung. Weil diese Instrumente mit Einführung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung ab 2018 für Technologieanbieter und Systembetreiber verpflichtend werden, stellt das White Paper „Datenschutz-Folgenabschätzung – Ein Werkzeug für einen verbesserten Datenschutz“ bereits jetzt erste grundlegende Informationen zu dieser Neuerung bereit. Die Folgenabschätzungen sollen Technikanbietern, Datenschutz-Aufsichtsbehörden sowie der Öffentlichkeit helfen, die vorwiegend durch datenverarbeitende Technologien entstehenden Risiken für den Datenschutz wirksam abzuschätzen und diese von vornherein so gering wie möglich zu halten.

Bei der Nutzung vieler Dienste und Angebote im Internet wie etwa beim Online-Shopping, in sozialen Netzwerken oder selbst auf den Webseiten staatlicher Behörden werden häufig personenbezogene Daten gesammelt. Nutzerinnen und Nutzer können sich dieser Praxis bislang nur entziehen, wenn sie bestimmte Angebote ausdrücklich nicht nutzen – oder sich mit der Datensammlung einverstanden zeigen. Die dadurch entstehenden Risiken sind in der Öffentlichkeit bislang nur wenig bekannt, obwohl Medien immer wieder über Datenmissbrauch oder Datenpannen berichten.

Um künftig die Gefahren durch Datenverarbeitungspraktiken besser beurteilen zu können, müssen viele Technikanbieter und Systembetreiber ab 2018 bei ihren Angeboten und Diensten Datenschutz-Folgenabschätzungen vornehmen. Bisher ist jedoch offen, wie und nach welchen Kriterien dies genau erfolgen soll. Das White Paper „Datenschutz-Folgenabschätzung – Ein Werkzeug für einen verbesserten Datenschutz“ des Forum Privatheit setzt hier an und erarbeitet erste Grundzüge zur Ausgestaltung künftiger Datenschutz-Folgenabschätzungen und deren praktischer Durchführung. Die Auseinandersetzung hiermit ist auch deshalb wichtig, da die EU-Mitgliedsstaaten nach der Verabschiedung der Datenschutz-Grundverordnung im Jahr 2016  unmittelbar damit beginnen werden, diese bis 2018 in die Praxis umzusetzen.

Dr. Michael Friedewald, der am Fraunhofer ISI zur Auswirkung von neuen Technologien auf Datenschutz und Privatheit forscht und einer der Mitautoren des White Papers ist, hebt die große Bedeutung der Folgeabschätzungen hervor: “Datenschutz-Folgenabschätzungen ermöglichen nicht nur eine bessere Einschätzung der Risiken durch bestehende datenverarbeitende Technologien, sondern sie weisen auch frühzeitig und während des Entwicklungsstadiums als eine Art ‘Frühwarnsystem’ auf eventuelle negative Konsequenzen für den Datenschutz hin. Bestehende Datenschutz-Mängel lassen sich damit rechtzeitig erkennen und noch während der Technologieentwicklung korrigieren. Der Datenschutz wird damit im Sinne des ‘Privacy by Design’ bei der Einführung neuer Geräte oder Anwendungen von vornherein besser integriert”.

Die künftig gesetzlich vorgeschriebenen Datenschutz-Folgenabschätzungen bringen für ganz unterschiedliche Zielgruppen Vorteile mit sich: So könnten Technikanbieter und Systembetreiber die Technologieentwicklung besser steuern und sich spätere Nachbesserungen beim Datenschutzes sparen. Durch die Vermeidung von Datenpannen erübrigen sich zudem Kosten für deren Behebung, mögliche Schadenersatzansprüche und Imageschäden in der Öffentlichkeit. Davon profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger, die in Zukunft auf Basis der Folgenabschätzungen einfacher entscheiden können, welche Online-Angebote sie nutzen wollen oder nicht. Über Zertifikate wäre es zum Beispiel schnell überprüfbar, ob Anbieter oder Betreiber Betroffenenrechte berücksichtigt haben – und die Unternehmen könnten hierdurch ihren Willen zur Achtung dieser Rechte zum Ausdruck bringen.

Neben den Technologieanbietern und Nutzern wären die Datenschutz-Folgeabschätzungen vor allem für Aufsichtsbehörden hilfreich. Die Durchführung standardisierter Folgenabschätzungen hat für Aufsichtsbehörden etwa den Vorteil, dass sie ihre Aufsichtspflicht in Zukunft besser wahrnehmen und mögliche Schwächen beim Datenschutz oder Rechtsverstöße schneller erkennen können. Zudem wären sie für Technologieanbieter und Systembetreiber eine geeignete Anlaufstelle, um Hilfestellungen zur Verbesserung von Produkten oder ihrer gesamten Datenverarbeitungspraxis zu bekommen.

Damit Datenschutz-Folgenabschätzungen in Zukunft ihr Potenzial gänzlich entfalten können, sollten sie mehrfach – und nicht nur einmal, etwa zu Beginn eines Produktlebenszyklus – durchgeführt werden. Damit ließe sich die gängige Sammelpraxis insgesamt verändern und Unternehmen für die stärkere Achtung von Bürgerrechten sensibilisieren, die sie häufig nicht im Detail kennen. “Steuerungsdilemmata” und verspätete Nachbesserungen zur Stärkung des Datenschutzes am Ende der Entwicklungsphase würden damit obsolet, was allen betroffenen Seiten zugutekäme.

“Privatheit und Datenflut in der neuen Arbeitswelt”

Das Forum Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der Digitalen Welt veröffentlicht ein White Paper zum Thema “Privatheit und Datenflut in der neuen Arbeitswelt – Chancen und Risiken einer erhöhten Transparenz“.

Trotz bestehender Forschung zum Thema Privatheit wurde der Unternehmenskontext als relevantes Forschungsgebiet bisher weitestgehend vernachlässigt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt besteht insgesamt noch wenig Wissen über die konkreten Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt – und in diesem Zusammenhang speziell auf den Faktor Privatheit. Daher setzt sich dieses Forschungsprojekt zum Ziel, die Auswirkungen digitaler Technologien auf die Privatheit von Arbeitnehmern greifbarer zu machen sowie die sich daraus ergebenden Chancen und Risiken zu identifizieren und entsprechende Gestaltungsvorschläge zu präsentieren.

Das vorliegende White Paper stellt den Versuch dar, erstmals die gesellschaftliche Kontroverse um Fragen der Privatheit und des Datenschutzes in der neuen Arbeitswelt ausschnittartig widerzugeben. Zu diesem Zweck stellt das Forum Privatheit den an der Kontroverse beteiligten Gruppen eine Plattform zur Verfügung, um verschiedene Argumente und Ansichten zum Themenfeld einzubringen. Es soll jedoch angemerkt sein, dass die Beiträge nicht die Sicht des Forums Privatheit widerspiegeln. Die vorliegende Ausarbeitung kann die Debatte zum Thema Privatheit in der neuen Arbeitswelt nicht final abschließen. Vielmehr soll sie diese eröffnen und einen Einblick in die neu entstehenden wissenschaftlichen Fragestellungen geben. Die Expertenmeinungen eignen sich somit als Grundlage für künftige Forschungsvorhaben.

Privatheit in den Medien

Das Forum Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der Digitalen Welt veröffentlicht Forschungsbericht zum Thema “Privatheit in den Medien – Berichterstattung zum Thema Privatheit und Internet in deutschen Medien“.

Der Blick der Medien auf die Gesellschaft beeinflusst die Selbstbeobachtung der Gesellschaft wie auch ihre zukünftige Entwicklung. Besonders brisant ist die Rolle der Medien in Zeiten von Unsicherheit. Die Ereignisse der vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Thema Privatheit aktuell als ein Paradebeispiel einer solchen Unsicherheit für Deutschland gelten kann. Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung der medialen Abbildung dieses Themas ist es das Ziel der hier vorgestellten Inhaltanalyse, die Facet-ten des über Medien gespiegelten Verständnisses von Privatheit möglichst konkret zu erfassen. Aus den Daten zweier Monate des Jahres 2014 lassen sich erste Hinweise darauf ableiten, in welchen Zusammenhang Medien das Thema Privatheit setzen, wel-che Thesen sie vertreten und wie Privatheit im Kontext der Digitalisierung beurteilt wird.

Auf der Grundlage der hier vorgestellten Ergebnisse lässt sich feststellen, dass Medien derzeit insbesondere den Zugriff der Gesellschaft auf persönliche Daten von Bürgern im Blick haben, wenn sie von Privatheit sprechen. Dies entspricht anderen inhaltsanalyti-schen Befunden (vgl. Schuhmacher et al., 2013) und korrespondiert auch mit den größ-ten Sorgen der Bevölkerung (vgl. DIVSI, 2013), zu denen eine Wechselwirkung aller-dings hier nur unterstellt werden kann. Den institutionalisierten Zugriff auf personen-bezogene Daten schätzen Medien gegenwärtig als bedenklich ein – nicht zuletzt, da mit ihm die freiheitliche Entwicklung des Menschen in Gefahr gesehen wird. Dabei unterliegt diese Einschätzung einer durchaus differenzierten Betrachtung und schließt auch das kritische Hinterfragen möglicher ‚Kehrseiten’ des Privatheitsschutzes nicht aus. Trotz der oft erforschten und häufig bestätigten Boulevardisierungstendenzen der Medienberichterstattung (z. B. Donsbach & Büttner, 2005) lässt sich eine Dramatisie-rung des Themas zumindest insofern nicht feststellen, als dass mediale Zukunftsaus-sichten durchaus eine positive Valenz aufweisen und – damit verbunden – Handlungs-strategien angesprochen werden, die nicht nur an das politische System gerichtet sind, sondern auch an wirtschaftliche Akteure und den Bürger selbst appellieren.

Smart-TV und Privatheit

Das Forum Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der Digitalen Welt veröffentlicht ein Forschungsbericht zum Thema “Smart-TV und Privatheit – Bedrohungspotenziale und Handlungschancen“.

Moderne Fernsehgeräte, so genannte Smart-TVs, können eine Vielzahl von Funktionen bieten, die bisher nur von herkömmlichen Computersystemen bekannt waren. Dies sind zum Beispiel die Nutzung von IP-Telefonie, das Abspielen von Videos oder auch das Surfen im Internet. Diese neuartigen Vernetzungsmöglichkeiten versprechen den Nutzenden zahlreiche Vorteile, bergen zugleich jedoch auch neue Gefahren für den Datenschutz und die Privatheit. Neue, innovative Konzepte und Technologien sind unumgänglich, um Nutzende, Unternehmen, aber auch Dritte, vor Missbrauch, Schadprogrammen und anderen Gefahren im Umgang mit Smart-TV zu schützen. 

Der vorliegende Beitrag richtet sich vor allem an juristische Berater und technische Entwickler. Hierbei wird ein Überblick über die Chancen und wachsenden Möglichkeiten im Bereich Smart-TV gegeben; die damit verbundenen Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Nutzenden werden herausgearbeitet. Nach einer Übersicht über den technischen Hintergrund von Smart-TV werden die beteiligten Akteure und Komponenten erläutert. Anschließend werden verschiedene Angreifermodelle und mögliche Angriffsvektoren erörtert. Im Rahmen der grund- und datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen werden Bedrohungsszenarien abgeleitet, die sich für die informationelle Selbstbestimmung der Nutzenden ergeben; außerdem wird die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Datenverarbeitungsvorgänge im Rahmen der Smart-TV-Nutzung geprüft. Anhand des herausgearbeiteten Befundes zeigen die Autorinnen und Autoren schließlich exemplarisch Methoden und Schutzmaßnahmen auf, wie bestehende Smart-TV-Systeme sowohl technisch optimiert als auch rechtlich zulässig gestaltet werden können. Dies erfolgt anhand des „Privacy by Design“-Ansatzes und im Lichte der ausgewählten Datenschutz-Gewährleistungsziele der Nichtverkettbarkeit, der Transparenz und der Intervenierbarkeit.